Wenn ein Geschäftsmodell oder ein Produkt nicht mehr den gewünschten Erfolg bringt, neigen viele Unternehmen dazu, unüberlegt alles Mögliche auszuprobieren, um ja nicht vom Status-Quo abzuweichen. „Bisher hat es ja auch funktioniert und wir sind ja nicht schuld an dem Problem“, ist ein weit verbreitetes Mantra. Dieses Mantra verschleiert den Blick vor der Tatsache, dass man vielleicht schon mehr am Abgrund steht als man denkt. Solche Unternehmen bezeichnet man als Zombie-Unternehmen. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.

Zombies sind Halbtote, die nicht nur in Horrorfilmen ihr Unwesen treiben. In der Wirtschaft sind das Unternehmen, die gewinnschwach und substanzarm sind und vor sich hinvegetieren. Die BIZ, die in Basel ansässige Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, hat in einer Studie diese Unternehmen genauer unter die Lupe genommen. Dabei definiert sie Zombies als Unternehmen, deren Gewinn (EBIT) zwei Jahre in Folge zu gering ist, um die Zinskosten auf das Fremdkapital zu finanzieren. Als zweites Kriterium zur Identifikation eines Zombie-Unternehmens wird der Marktwert eines Unternehmens im Verhältnis zu dessen Buchwert (Wiederbeschaffungspreis für alle Vermögenswerte des Unternehmens) herangezogen. Erschütternd, aber nicht verwunderlich ist, dass sich die Zahl der Zombie-Unternehmen im vergangenen Jahrzehnt nahezu verdreifacht hat.

Auf der ganzen Welt und in allen Branchen sind Unternehmen von der Pleite bedroht – weil sie lange nur wegen niedriger Zinsen und staatlicher Förderungen überlebt haben. Diese Unternehmen sind über einen längeren Zeitraum weniger produktiv, investieren weniger und schaffen weniger Arbeitsplätze.

In den letzten Wachstumsjahren der Wirtschaft war es noch leichter mit einem schlechten Geschäftsmodell und einer schwachen Strategie zu überleben. Jetzt steigen die Zinsen und auch viele Corona-Hilfen laufen aus. Das bedeutet für viele Unternehmen das Aus. Zugegeben, es gab in den letzten Jahren viele unvorhergesehene Veränderungen und ja, es kann sein, dass ein Unternehmen dadurch ins Schlittern kommt. Aber Scheitern ist per se nichts Schlechtes. Es geht nur darum, rechtzeitig zu erkennen, wann es Zeit ist aufzugeben und neue Ideen und Innovationen zu entwickeln. Das bringt mich nun zu einer uralten Strategie der Dakota-Indianer, die besagt: 

Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab.

Mit hoch erhobenem Kopf, mit dem Wissen, dass du viel gelernt hast und dem Willen neu anzufangen. Das können Zombies von Dakota-Indianern lernen.

Warum ist es wichtig rechtzeitig abzusteigen? Zombie-Unternehmen binden wichtige Ressourcen unserer Wirtschaft: Kapital, Arbeitskräfte und Know-how. Ressourcen, die wir gerade jetzt dringend benötigen würden. Es geht nicht darum, mit aller Gewalt an etwas festzuhalten, das eigentlich schon scheintot ist. Ich ziehe meinen Hut vor Unternehmen, die für sich erkennen, dass es Zeit ist alte Zelte abzubrechen und neue aufzubauen. Vor Unternehmern, die trotz Scheitern die kluge Strategie wählen abzusteigen und woanders mit Ihrem Know-how wieder neu einsteigen. Unsere Wirtschaft braucht positives Denken und Mut, sowie neue Geschäftsmodelle, die unsere neuen Pferde sind.

Wir bei petrichor erfinden uns ständig neu, analysieren die Wirtschaftslage, entwickeln neue Produkte und neue Strategien und verabschieden uns von toten Pferden. Wir scheitern und stehen wieder auf. Mit heiterer Besessenheit glauben wir daran, dass es immer wieder weitergeht. Wir sehen dem Herbst mit Zuversicht entgegen. Wir arbeiten hart dafür, dass wir Pferde auswählen, die uns ein gutes Stück weiterbringen. 

Ich liebe es, Unternehmerin zu sein und das lasse ich mir nicht nehmen. Nicht von der nahenden Rezession, nicht von den Schwarzmalern und nicht von allen Zombies dieser Welt!

_{Zuletzt aktualisiert: 2. Dezember 2022}